Elemente der Schattenwelt 02 - Soul & Bronze by Laura Kneidl

Elemente der Schattenwelt 02 - Soul & Bronze by Laura Kneidl

Autor:Laura Kneidl [Kneidl, Laura]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Carlsen
veröffentlicht: 2014-10-13T22:00:00+00:00


15. Kapitel

Ella schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf. Im Inneren war es dunkel und nahezu still, nur das Ticken einer Wanduhr war zu hören. Ihre Mom war sicher schon seit Stunden im Bett.

»Kommst du noch mit rein?«

Wayne zögerte. »Wozu?«

Ella zuckte mit den Schultern. »Einfach so.«

In Wahrheit saß ihr die Erinnerung vom Tag des Blutbades noch immer tief in den Knochen und nur Wayne konnte ihr diese Angst nehmen. Sie war nicht bereit ihn loszulassen. Unvermeidlich würden die Bilder von Derek zurückkommen. Dass Philip keiner Kreatur zum Opfer gefallen war, spielte in diesem Moment keine Rolle.

»Wüsste ich es nicht besser, würde ich sagen, das ist eine schlechte Anmache«, erwiderte Wayne, dennoch zog er seine schweren Stiefel aus.

Ella lachte. »In deinen Träumen …«

»… würden wir nicht länger in der Kälte stehen«, ergänzte Wayne und schob sich an Ella vorbei in die Wohnung. Er blieb stehen, schließlich wusste er nicht, hinter welcher der Türen ihr Zimmer lag.

»Wenn du willst, kann ich dir das Notizbuch meines Dads mitgeben«, flüsterte Ella und schlich den Flur entlang. »Sonst komme ich nur wieder in Versuchung, darin zu lesen, statt zu schlafen.«

Sie hatte den ganzen Tag durch die losen Seiten geblättert und einen Hinweis gesucht, was womöglich mit Nancy nicht stimmte.

»Und jetzt soll es mich vom Schlafen abhalten?«

»Du weißt, wie ich das meine«, zischte Ella. »Ich wette, meine Unterlagen hast du dir auch noch nicht angesehen.«

Das entschuldigende Lächeln auf Waynes Lippen sprach Bände.

Ella öffnete die Tür zu ihrem Zimmer und schaltete das Licht an. Es überraschte sie und überraschte sie zugleich nicht, Nancy mitten im Raum stehen zu sehen. Sie war noch blasser und durchsichtiger als am Morgen, ihr Gesicht war ausdruckslos und ihre Augen hatten jeglichen Glanz verloren.

Aber das änderte sich, als Wayne hinter Ella in das Zimmer trat. Nancys Augen wurden groß und ein breites, aber müdes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, während sie ihn anstarrte, als wäre er ein Fabelwesen.

»Du hast ihn mitgebracht!«, rief Nancy aufgeregt und schwebte auf Wayne zu.

»Du wolltest ihn kennenlernen«, erwiderte Ella, als wäre Waynes Besuch geplant gewesen, nur um ihr eine Freude zu machen.

Waynes Blick glitt von Ella direkt zu Nancy, beinahe so, als könnte er sie tatsächlich sehen. Womöglich spürte er ihre Anwesenheit. Doch zu Ellas Erstaunen ging Wayne in die Knie, bis er mit Nancy auf Augenhöhe war. »Hey, ich bin Wayne«, grüßte er sie und streckte ihr die Hand entgegen.

Ella klappte der Mund auf. Das konnte nicht sein. Er verarschte sie … wie sonst sollte er … das konnte unmöglich sein! Nancy kicherte schüchtern und reichte Wayne zögerlich ihre schmale Kinderhand. Es war erstaunlich, wie gut sie ihre Hand trotz mangelnder Energie manifestieren konnte. Das leichte Flimmern in ihrer Energie war kaum sichtbar und wurde von Wayne wohl auch nicht wahrgenommen.

»Es ist so toll, dich endlich kennenzulernen, Ella hat mir schon viel von dir erzählt!«

»Tatsächlich?«, fragte Wayne. »Ella, wieso hast du mir nicht von deiner kleinen Schwester erzählt?«

»Weil ich keine kleine Schwester hab«, antwortete Ella.

Ihre Gedanken waren wie leergefegt. Sie hatte keine Erinnerungen mehr an den Tag des Blutbades und sie verspürte weder Angst noch Trauer.



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